Besser unterrichten, Souveräner Auftreten

So klappt Wochenplan-Arbeit

Die Kinder arbeiten selbstbestimmt, jeder in seinem eigenen Tempo. Dazwischen sitzt eine entspannte Grundschullehrerin. Wie geht das? Das haben wir unsere Wochenplan-Expertin Annette Holl gefragt. Im Interview verrät sie außerdem, welche Vorteile Wochenplan-Arbeit hat, wie Sie vorgehen sollten, wenn Sie die Methode zum ersten Mal ausprobieren und vieles mehr.

Interview mit Lernbiene-Autorin und Wochenplan-Expertin Annette Holl

Lernbiene: Frau Holl, könnten Sie sich bitte kurz vorstellen?

Annette Holl: Aber gern. Ich lebe mit meinem Mann und meinen drei Kindern im Schwarzwald und bin hauptberuflich als Lehrerin tätig. Mein Ziel ist es, dass jedes Kind in meinem Unterricht seine eigenen Möglichkeiten ausschöpfen und stolz auf seine Leistungen sein kann. Deshalb kommt es mir sehr entgegen, dass die Schülerinnen und Schüler an der Schule, an der ich unterrichte, im Deutsch- und Matheunterricht mit Wochenplänen lernen. Auch aus privater Sicht komme ich mit der Methode in Berührung: Meine großen Kinder sind jeweils in einer Inklusionsklasse und arbeiten in den Hauptfächern mit Wochenplänen.

Lernbiene: Welche Vorteile bringt mir bzw. meiner Klasse die Wochenplan-Arbeit?

Annette Holl: Ihre Schülerinnen und Schüler sind innerhalb eines von Ihnen gesteckten Rahmens für ihr eigenes Lernen verantwortlich. Dabei treffen sie viele Entscheidungen und überdenken ihr Tun ganz anders als im geführten Unterricht: „Womit starte ich?“ „Wie viele Aufgaben mache ich heute?“ „Habe ich das erreicht, was ich mir für diese Woche vorgenommen habe?“ Das fördert eine realistische Selbsteinschätzung, denn die Kinder erkennen, wo ihre persönlichen Stärken und Schwächen, aber auch ihre momentanen Grenzen liegen.

Als Lehrerin oder Lehrer können Sie auf das unterschiedliche Leistungsvermögen der Kinder eingehen, indem Sie den Umfang der Pläne variieren und Zusatzaufgaben festlegen. Außerdem können Sie inhaltlich differenzierte Aufgaben anbieten, z. B. schreibt das eine Kind einen Text „nur“ ab, während das andere ihn als Lückentext bearbeitet und wieder ein anderes ihn als Schleichdiktat in sein Heft überträgt. Ihre Schülerinnen und Schüler können so in ihrem eigenen Tempo und auf ihrem Niveau arbeiten. Das gelingt, ohne sie vor der Klasse bloßzustellen. Denn es bleibt weitestgehend unbemerkt, wenn ein Kind eine Antwort nicht weiß oder eine leichtere Aufgabe bearbeitet als die anderen.

Weil Sie den Unterricht nicht anleiten oder moderieren müssen, haben Sie Zeit für einzelne Schülerinnen oder Schüler. Erklären Sie Lerninhalte nochmals, geben Sie Input für manche Aufgaben oder sprechen Sie unter vier Augen, wenn etwas im Moment nicht so gut läuft.

Nicht zuletzt hat die Wochenplan-Arbeit einen ganz praktischen Vorteil: Fallen Sie einmal krankheits- oder fortbildungsbedingt aus, kann eine Kollegin oder ein Kollege ohne zusätzliche Vorbereitung Ihren Unterricht übernehmen und die Kinder werden nicht einfach nur mit irgendwelchen Aufgaben beschäftigt, sondern arbeiten in ihrer Lernspur weiter.

Lernbiene: Angenommen, ich würde mit meiner Klasse gern Wochenplan-Arbeit ausprobieren. Wie sollte ich vorgehen?

Annette Holl: Starten Sie ganz sanft, indem Sie Ihre Klasse zunächst neben dem „normalen Unterricht“ immer wieder mit einem Tagesplan arbeiten lassen. Planen Sie genügend Zeit ein, um ihn einzuführen: Es kann helfen, wenn Sie einen Beispielplan im Großformat kopieren und im Klassenzimmer aufhängen. Erklären Sie die einzelnen Symbole und Felder auf dem Plan. Sprechen Sie außerdem die Aufgabenstellungen gemeinsam mit der Klasse durch und beantworten Sie sämtliche Rückfragen genau. Damit erreichen Sie, dass die meisten Ihrer Schülerinnen und Schüler von Anfang an möglichst selbstständig arbeiten können. Dehnen Sie die Zeitspanne für die Planarbeit dann auf zwei Tage aus, bis Sie der Klasse zum Bearbeiten der Aufgaben schließlich eine ganze Woche Zeit geben.

Gestalten Sie die ersten Tages- bzw. Wochenpläne für alle Kinder inhaltlich gleich und vom Umfang her so, dass die meisten das Pensum in der vorgegeben Zeit schaffen können. Vermeiden Sie Leerlauf oder Frustration bei schnelleren Schülerinnen und Schülern, indem Sie ein paar Zusatzaufgaben wie Rätselblätter, Mandalas oder Lernspiele parat haben. Fügen Sie auch bei späteren Wochenplänen immer Aufgaben hinzu, die ein Kind zusätzlich bearbeiten kann, wenn es den Pflichtbereich erledigt hat. Ob Sie diese vorgeben oder das Kind aus einem Aufgabenpool frei wählen lassen, bleibt Ihnen überlassen. Individualisieren Sie die Pläne außerdem in Bezug auf Umfang und Leistungsanspruch immer mehr im Hinblick auf das Leistungsvermögen jeder einzelnen Schülerin und jedes einzelnen Schülers. Informieren Sie ggf. die Eltern darüber, falls ihr Kind z. B. einen reduzierten Wochenplan hat.

Lernbiene: Wie kann ich denn einen Wochenplan gestalten?

Annette Holl: Im Prinzip ist ein Wochenplan eine Tabelle, in der das Kind Aufgaben vorfindet und erfährt, mithilfe welcher Materialien und in welcher Sozialform es diese bearbeiten soll. Hinter jeder Aufgabe gibt es ein Feld, das abgehakt wird, wenn sie erledigt ist.

Abhängig von der Klassenstufe Ihrer Schülerinnen und Schüler und der Anzahl von Nicht-Muttersprachlern sollten Sie verstärkt Symbole zum Kennzeichnen verwenden, z. B. für die Fächer, das benötigte Material (z. B. Heft oder Buch, Hefter oder Lernspiel), die Methoden (z. B. Lesen, Schreiben, Diktat, …), die Sozialform und ggf. den Schwierigkeitsgrad. Machen Sie deutlich, ob ein Kind für eine Aufgabe zusätzliches Material braucht und wo es dieses findet (z. B. im Freiarbeitsregal, auf einer CD-ROM, …).

Planen Sie für die Hausaufgaben eine eigene Zeile ein oder notieren Sie sie auf der Rückseite. Kennzeichnen Sie Zusatz- oder Wahlaufgaben und setzen Sie sie räumlich etwas ab.

Wenn Sie regelmäßig mit Wochenplänen arbeiten, ist es auch sinnvoll, eine Spalte für die Reflexion einzubauen: Das Kind malt z. B. einen lachenden Smiley hinter eine Aufgabe, die ihm gut geglückt ist oder einen betrübten, wenn es Schwierigkeiten hatte.

Auch das Notieren eines persönlichen Wochenziels in einer Extrazeile kann auf längere Sicht sinnvoll sein. Beispiele dafür sind: „Ich denke an das Abgeben meiner fertigen Aufgaben.“ „Ich bearbeite bis Donnerstag alle Matheaufgaben.“ Oder: „Ich unterstreiche Überschriften mit Lineal.“

Lernbiene: Sie haben gerade den Mini-Ratgeber „Wie gelingt Wochenplan-Arbeit?“ veröffentlicht. Was erfahren die Lehrerinnen und Lehrer darin außerdem?

Annette Holl: Ich gebe ganz praktische Tipps zum Anpassen des Klassenzimmers an die Wochenplan-Arbeit, zur Auswahl des Lernstoffs sowie zur Vorbereitung und Aufbewahrung des Materials. Die Lehrerinnen und Lehrer bekommen Beispiel-Wochenpläne und können mithilfe einer veränderbaren Vorlage und 40 farbigen Symbolen ganz einfach und schnell im Programm Microsoft® Word® auf ihre Lerngruppe zugeschnittene Wochenpläne gestalten.

Außerdem erfahren sie, welche Helfersysteme und Regeln sich für die Wochenplan-Arbeit anbieten. Sie bekommen Antworten auf Fragen wie: „Was hat die Lehrkraft während einer Arbeitsplanphase zu tun?“ Und: „Wie kontrolliert sie die Arbeitsergebnisse ihrer Schülerinnen und Schüler?“ Zu guter Letzt stelle ich im Ratgeber ganz offen Probleme dar, die bei der Wochenplan-Arbeit auftreten können und gebe Tipps, was man verbessern kann. Ich hoffe, mit meinem Ratgeber vielen Lehrerinnen und Lehrern Lust darauf zu machen, sich in das „Abenteuer Wochenplan“ zu stürzen.

Lernbiene: Oh, das hoffen wir auch ?! Wir danken Ihnen für das Gespräch!

Bildquelle:

Junge schreibt © Irina Schmidt_AdobeStock_243285934

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