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Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) erkennen und behandeln

Korrektur der Klassenarbeiten: Wieder macht Timi diese zahlreichen Wortfehler. Im Unterricht liest er außerdem stockend, fast buchstabierend. Dabei ist er in der dritten Klasse. Hat er LRS?

Als diplomierte Legasthenietrainierin habe ich diese Frage schon oft gehört. Ich arbeite in einem außerschulischen Förderinstitut, vorwiegend mit Kindern im Grundschulalter. Meist machen sich die Eltern große Sorgen, wenn sie zu mir kommen. Sie sind nervös, dass mit ihrem Kind „etwas nicht stimmt“. Aus Erfahrung weiß ich, dass auch Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer oft unsicher auf Lese-Rechtschreib-Schwäche reagieren. Man hört in den Medien so viel darüber. Doch wie erkennt man sie?

Anzeichen für eine LRS oder Legasthenie

  • Vergessen, Vertauschen und falsches Hinzufügen von Buchstaben
  • Umstellen von Wortfolgen beim Schreiben
  • fehlerhaftes Unterscheiden von Buchstaben, Ziffern und Zahlen, zum Beispiel „b“ und „d“, „p“ und „q“ oder „3“ und „E“
  • fehlerhaftes Abschreiben von der Tafel oder anderen Textquellen
  • Nichteinhalten von Zeilen und fehlerhafter Umgang mit Tabellen
  • Nichteinhalten von Reihenfolgen beim Erzählen von Geschichten/Erlebnissen
  • stockendes Lesen und Lesen, ohne den Sinn zu verstehen

1. Ein Gespräch mit den Eltern

Gleich vorab: Nicht immer muss eine LRS dahinterstecken, wenn eine Schülerin oder ein Schüler mehrere Anzeichen zeigt. Dennoch ist es wichtig zu handeln, um die Ursachen herauszufinden. Suchen Sie zunächst das Gespräch mit den Eltern, um gemeinsam einen Weg zu finden, dem Kind zu helfen.

Ich höre von den Eltern dann oft etwas in dieser Art: „Timi hat schon wieder eine fünf in Deutsch, dabei haben wir doch so viel geübt. Ist mein Kind dumm? Gibt es andere Ursachen?“ Nehmen Sie den Eltern die Ängste. Auf keinen Fall sollte das Kind das Gefühl bekommen, dass es nicht intelligent ist. Das würde weiter frustrieren und demotivieren und das Problem verschlimmern. Die Eltern sollten daher unbedingt Ruhe bewahren. Es darf kein zusätzlicher Druck durch übertriebenes Üben auf das Kind ausgeübt werden, sondern es braucht das Gefühl und die Gewissheit, trotz aller Probleme wichtig und besonders zu sein. Erklären Sie den Eltern aber auch, dass sie trotzdem handeln sollten.

2. Medizinische Gründe ausschließen

Zu Beginn sollten die Eltern mit ihrem Kind zum Augen- und HNO-Arzt gehen, um mögliche Defizite beim Sehen und Hören auszuschließen. Vielleicht löst schon eine Brille das Problem. Wenn nicht, gilt es, weiter Ursachenforschung zu betreiben. Eine Kinder- und Jugendpsychiatrische Praxis oder der Schulpsychologische Dienst kann unter Umständen helfen, wenn die Schwierigkeiten zusammen mit allgemeinen Schulproblemen, wie Angst vor der Schule, Verhaltensauffälligkeiten und/oder psychosomatischen Auffälligkeiten auftreten.

3. Schulische Förderung und außerschulische Einrichtungen

Als Grundschullehrerin oder Grundschullehrer haben Sie so schon eine Menge zu tun. Sie müssen nicht alle Herausforderungen als Einzelkämpfer bestreiten. Zeigen Sie deshalb neben der schulischen Förderung auch die Möglichkeit auf, in außerschulischen Fördereinrichtungen Hilfe zu suchen. Es gibt Einrichtungen mit Kleinstfördergruppen, die sich speziell mit der Symptomatik LRS und Legasthenie beschäftigen. Eine Übersicht über diplomierte Legasthenietrainer in Deutschland und Österreich finden Sie hier.

Sie sollten Eltern auf Einrichtungen hinweisen, die zunächst umfangreiche Tests anbieten, um die LRS beim Kind festzustellen. „Schnellheilungen“ innerhalb weniger Monate sind nicht realistisch. Eine Legasthenie-Therapie kann bis zu drei Jahren dauern. Die Kinder folgen dabei einem Therapieplan und sind in Gruppen organisiert, die alle etwa gleich weit sind. Die Profis geben Tipps, die speziell Betroffenen mit LRS weiterhelfen. Hier erfahren die Kinder häufig auch, dass sie nicht alleine diese Probleme haben, sondern dass viele andere auch betroffen sind. Das hilft dabei, das Selbstbewusstsein zu stärken. Damit Timi weiter erfolgreich und gerne lernt!

Ruth Alef ist diplomierte Legasthenietrainerin und arbeitet in einem außerschulischen Förderinstitut, vorwiegend mit Kindern im Grundschulalter. Angeregt durch das Konzept des Lernbiene Verlags erstellt sie seit Jahren Übungs- und Fördermaterial mit dem Schwerpunkt LRS.

Beitragsbild: angelo lano/stock.adobe.com

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2 Kommentare

  1. Florian Emrich
    13.05.2018 um 6:48

    Im Grunde ist es ja zu erwarten, dass eine Mitarbeiterin eines außerschulischen Förderinstituts empfiehlt, die Kinder in eine solche Einrichtung zur Testung und Förderung zu schicken. So sichert man seinem Berufsstand auch den stetigen Nachschub an Kunden.
    Wie wäre es mit einem Hinweis auf die diversen diagnostischen Instrumente, die man auch im Klassenverband relativ schnell durchführen kann? Welche Förderprogramme gibt es, die das schulische Rechtschreibkonzept auch bei Schülern mit LRS unterstützen?

    1. Regine Rompa
      27.06.2018 um 19:54

      Hallo Florian Emrich, vielen Dank für das Feedback! 🙂 Als Verlag für Grundschulmaterialien wird unser Blog vor allem von Lehrerinnen und Lehrern gelesen. Die internen schulischen Fördermöglichkeiten kennen diese ja in der Regel bereits. Wir wollten mit der Expertin aus dem außerschulischen Förderinstitut daher bewusst einmal jemanden außerhalb der Schule zu Wort kommen lassen. Die Tipps richten sich aber konkret danach, was man als Lehrerin oder Lehrer tun kann, um den Kindern zu helfen. Es wird keine Werbung für außerschulische Förderinstitute gemacht. Ganz herzliche Grüße, Regine Rompa (Redaktion Lernbiene Verlag)

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